Die Mär vom „Demotivationsfaktor“

Ein besonderer Wahlkampfgag aller Kapitalvertreter ist die Forderung der „Steuersenkung„,  auf dass sich „Leistung“ für „unsere Leistungsträger“ „wieder lohne“.

In der Sendung von Anne Will konnte unser aller Wirtschaftsminister auch gestern wieder – klaro: unwidersprochen – als „Begründung“ dieses Schwachsinns behaupten , dass die „kalte Progression“ sich als „Demotivationsfaktor“ für die „Leistungserbringer“  erwiesen habe, mit der erschröcklichen Folge, dass die dann – aus „Frust“, aus „Wut“: woher beziehen Sie eigentlich genau dieses ihr Wissen, Herr Guttenwelle?! – den unabdingbaren „Wachstumskurs unserer Wirtschaft“ nicht mittragen und ihn dadurch verunmöglichen würden! Marc Beise begründet die Notwendigkeit von Steuersenkungen mit den gleichen „Argumenten“:

Leistungsträger in der Mitte der Gesellschaft, die hart arbeiten und grundsätzlich bereitwillig (viele) Steuern zahlen, fühlen sich vom Staat drangsaliert, und sie haben Recht. Wenn von einem Bruttoeinkommen von 50.000 Euro nach Abzug der Sozialbeiträge und der direkten Steuern sowie der Berücksichtigung indirekter Steuern auf den Konsum noch ein Drittel übrig bleibt, muss man sich über Demotivation, Leistungsverweigerung und Ausweichstrategien (Schwarzarbeit) nicht wundern. (SZ 10. 10. 2009)

Mir kommen die Tränen. Ich jedenfalls würde mich mit einem Bruttoeinkommen von 50.000 Euro nicht zu den Bedauernswerten in diesem Lande zählen! Doch ich wüsste gerne, WIE die „Demotivierten“ das anstellen: diese „Leistungsverweigerung“?! Z. B die Adressaten der Parole von Herrn Westerwelle  „Leistung“ bzw. „IHRE Arbeit soll sich WIEDER lohnen!“, der doch mit „ihre“ nur diejenigen Nutznießer bürokratisch erlassener Gesetze und Verordnungen gemeint haben kann, die sich als „Freiberufler“  über HOAI, EBM, GOÄ oder BRAGO relativ risikofrei  einen obszön großen Anteil am Volkseinkommen zuschanzen können (wenn sie nicht „doof“ sind)!

Die Wirklichkeit sieht anders aus: die Selbstausbeutung nicht nur der Leistungsträger grassiert, der Krankenstand ist so niedrig wie selten zuvor, der Leistunsdruck wächst allenthalben. Unsinn hoch drei also diese  Behauptung von einer „Leistungsverweigerung“ und ein Ressentiment die Forderung nach einem „Abschmelzen des Mittelstandsbauchs“ im Steuersystem per „Abbau“ einer „Bürokratie“, von deren Zuarbeit – wer erfindet und exekutiert denn die genannten „Gebührenordnungen“ – diese Freiberufler-Zünfte profitieren wie keine andere gesellschaftliche Gruppierung, einige Handwerksberufe (z. B. die Schornsteinfeger) sowie die beiden Kirchen jetzt mal ausgenommen!

Doch weitaus himmelschreiender als dieser plumpe Priestertrug ist die himmelschreiende Unfähigkeit der SPD-Führung – gestern in Gestalt von Peer Steinbrück –  diesen Sprechblasen der Abzocker-Kaste namens Profiteure des leistungslosen Einkommens Paroli bieten, also den Herren Guttenberg, Westerwelle und Co.  die Leviten lesen zu können!

Was müsste von der SPD zur „politischen Willensbildung des Volkes“ (Art. 21 GG) beigetragen werden ?

Vier Tipps als Denkanregung:

1. Wer nach einer Gehaltserhöhung oder nach Subventionszuweisen wg. Steuerprogression mit seinem (ja immer noch) höheren Einkommen urplötzlich „nicht mehr“ auskommt, der sollte den Job wechseln, z. B. Fondsmanager werden  oder bedenken,

2. dass es sich bei 90 % der Berufstätigen, Arbeitslosen und Rentner schon seit Jahren mit Einkommenszuwächsen „ausgewachsen“ hat, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch in den von Westerwelle 2005 noch über den Klee gelobten Ir-, Is- oder Lettlanden, und dieses deshalb

3. weil  das „raffende Kapital“ und seine Propagandisten alles dransetzen, das eherne „Gesetz von der fallenden Tendenz der Profitrate“ – für sich persönlich jedenfalls – durch Abzockerstrategien außer Kraft zu setzen, so dass dem „Demotivierten“ nur nahegelegt werden kann, es ihnen gleich zu tun: „Du musst ein Schwein sein auf dieser Welt“, singen „Die Prinzen“ aus Leipzig.

4. Wer allerdings – bei dieser „Ausstattung“ unserer Finanzverwaltung! –  immer noch nicht „fähig“ sein sollte, sich „arm zu rechnen“ und seine Steuern so „zu gestalten“ wie die FDP-Klientel, der sollte ´s  Maul halten und üben…!

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3 Antworten zu Die Mär vom „Demotivationsfaktor“

  1. blogfighter schreibt:

    Pressespiegel zum Thema: Parlamentarier/Abgeordneter als Geschäftsidee:

    http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/die-bruederle-debatte-und-der-alltaegliche-sexismus-a-879502.html
    Sexismus in der Piratenpartei: „Man liest ja so einiges über Sie“ (14.01.2013)
    http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,877558,00.html
    FDP-Spitzenkandidat: Wirbel um „Stern“-Vorwürfe gegen Brüderle (23.01.2013)
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,879280,00.html
    Stern.de: Rainer Brüderle – Der spitze Kandidat
    http://www.stern.de/politik/deutschland/rainer-bruederle-der-spitze-kandidat-1959408.html
    Einige FDP-Frauen beschweren sich
    http://www.stern.de/politik/deutschland/kritik-aus-den-eigenen-reihen-liberale-frauen-werfen-fdp-sexismus-vor-1772760.html

  2. profiprofil schreibt:

    Londoner Banker verzocken sich
    Von Carsten Volkery, London:

    „In der City wird argumentiert, die Bonisteuer sei ja kein Einzelfall. Zusammen mit dem erhöhten Spitzensteuersatz und den verschärften Steuerregeln für „non-domiciled residents“ sorge sie für einen nachhaltigen Imageschaden Londons. „Wenn die nicht aufpassen, gehen hier bald die Lichter aus“, sagt der deutsche Hedgefonds-Manager Dietmar Schmitt von Sam Capital Partners.

    Doch mutet das Alarmgeheul der Finanzgemeinde reichlich übertrieben an. In der City arbeiten über eine Million Menschen – und Ökonomen erwarten laut „Financial Times“ in den nächsten zwei Jahrzehnten eine Verdopplung dieser Zahl. Selbst wenn nun einige hundert vor der Steuer fliehen sollten, was längst nicht sicher ist, macht das keinen großen Unterschied. Nun wird sich zeigen, ob Banker wirklich so „extrem mobil“ sind, wie der Chef der Investmentbank Barclays Capital, Bob Diamond, vergangene Woche behauptete.

    Nimmt man die jüngsten Erfahrungen mit der EU-Richtlinie zu Hedgefonds zum Maßstab, besteht kein Anlass zur Panik. Auch dieses verhasste Regelwerk sorgte für wütende Rhetorik und einige Umzüge in die Schweiz – doch die allermeisten Hedgefonds-Manager blieben ihrer vertrauten Umgebung von Mayfair und Square Mile treu.

    Das Pech der Banker ist, dass Politik und Öffentlichkeit ihnen nicht mehr zuhören wollen. Drohungen, den Standort zu verlassen, sind nichts Neues. Der Londoner Bürgermeister kann sie ebenso herunterbeten wie sein New Yorker Kollege. Doch was früher Wunder wirkte, löst inzwischen nur noch Gähnen aus. So schwach ist die Verhandlungsposition der Banker inzwischen: Ihr Ruf ist durch die Finanzkrise dermaßen ruiniert, dass das Protestgeschrei schlicht nicht ernstgenommen wird.

    Das ist das eigentlich Erstaunliche an der laufenden Lobbykampagne gegen die Boni-Steuer: Der Bluff der Banker ist durchschaut.
    ·
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,667144,00.html

  3. profiprofil schreibt:

    denk- und merkwürdig ist der Film

    „Money As Debt – Geld als Schuld“:

    http://video.google.com/videoplay?docid=6433985877267580603#

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