Worauf beruht der Niedergang der SPD (2009 – 2017)?
Die SPD krankt daran, dass ihr in den letzten 60 Jahren – auch und gerade von ihren eigenen „Führungskräften“ – ihre originäre HISTORISCHE MISSION ausgeredet worden ist, weshalb es nicht nur zu ihren existenzbedrohenden Verlusten auf allen Ebenen, sondern auch zur Bildung der Partei DIE LINKE gekommen ist.
Der Irrglaube – der auch dieses FORUM durchwirkt – allein mit einer Tagespolitik a´la “Pfleger am Krankenbett des Kapitalismus” eine “linke” Parteiexistenz sichern zu können, hat sich als solcher herausgestellt und sollte deshalb endlich aufgegeben werden.
Wirklichkeit ist: Was Menschen als Sympathisanten / Wähler anzieht bzw. abstößt, das sind grundsätzliche WERTentscheidungen, die von Marx u. a. vollkommen zutreffend als Klasseninteressen (= Mehrheits- bzw. Minderheitsüberlebensinteressen) identifiziert worden sind. Dazu gehören beispielsweise die Missionen Abrüstung und Klimaschutz, die weltweit ganz eindeutig von den herrschenden Strukturen – sprich: von den privaten Geschäftsinteressen des raffenden Kapitals, also politisch-ökonomisch – ignoriert werden, weil von ihrer Verleugnung auch die politisch Mächtigen und deren publizistische Verblödungsagenturen (Th. Wieczorek, 2009) – zumindest kurzfristig – profitieren: „wes Brot ich ess, dess Lied ich sing!“
Ebenfalls seit über 100 Jahren bekannt – jedoch seit “Godesberg” noch mehr in Vergessenheit geraten – ist die empirisch nachweisliche (sehr bedauerliche) Tatsache, dass die meisten Menschen nicht erkennen können, was für sie WIRKLICH gut ist, anders gesagt: sie verwechseln – aus sehr begreiflichen Gründen übrigens: Stichwort „Meinungsmache“ (Albrecht Müller, 2009) – das, was für sie als Mitglied einer sozialen Schicht objektiv WESENTLICH ist mit dem, was für sie als Individuum gerade mal eben subjektiv WICHTIG ist.
Beispiele: es braucht auch deshalb Eltern und Lehrer als Erzieher (sprich: Vorbild/Avantgarde und Grenzzieher) von Kindern, weil ein (pubertierendes) Individuum im aktuellen WIDERSPRUCH zwischen wichtiger Lustbefriedigung und wesentlicher Perspektive sich allzuleicht für das Hemd entscheidet, statt für den Rock. Oder das Thema „Bündnispflicht“ der SPD (Helmut Schmidt)!
Übertragen auf ein Gesellschaftssystem bedarf es deshalb auch einer Partei als Bildnerin, Erzieherin und Führerin der Schichten, deren wesentlichen und wichtigen Interessen sie zur Geltung verhelfen will – und da es mehrere Schichten und Klassen in einer Gesellschaft gibt, bedarf es zwingend auch mehrerer Parteien (= Pluralismus, Demokratie)
Es dürfte wohl diese ALLTAGSWEISHEIT gewesen sein, die 1948f. die Verfassungsgeber zur Formulierung des Art. 21 GG gebracht hatte, der jenen Sachverhalt unmissverständlich festhält, dass sich eine Partei ihre Existenzberechtigung (und staatliche Alimentierung) nur dann verdient, wenn sie ihren je besonderen Beitrag zur “politischen Willensbildung des Volkes” leistet. Davon ist die SPD – im Unterschied zu allen „bürgerlichen“ Parteien, himmelweit entfernt, binden sich doch auch ihre „Führungskräfte“ an die von anderen produzierte und parteiisch ermittelte „Meinung“ (Demoskopie-Gläubigkeit), anstatt eine sozialdemokratische Willensbildung – und das heißt die Produktion von linken Sichtweisen der politisch-ökonomischen Verhältnisse – zu betreiben, WOZU sie verpflichtet (Art. 14 GG) – und WOMIT sie erfolgreich (gewesen) wäre!
O. K.: die Sache mit dem “Volk” des GG ist schon ein problematisch Ding, wissen wir doch auch, dass der Erfinder der heute zum Ideal verklärten “Volkspartei“ SPD oder CDU der Hitler Adolf – “EIN Volk, EIN Reich, EIN Führer” – gewesen ist, dessen Leute alles unternehmen mussten, damit die erste der beiden WIRKLICHEN Volksparteien, die NSDAP nämlich, nicht aus allen Nähten platzte, gehörten ihr doch auch am 8. Mai 1945 noch über 8 Millionen Volksgenossen an….! Und die zweite WIRKLICHE Volkspartei, die eine relativ gleich große Mitgliederzahl verbuchen konnte, hieß Sozialistische EINHEITSPARTEI Deutschlands. Nicht zu vergessen: „Union“ in der Firmenbezeichnung CDU/CSU ist die Metapher für EINHEIT..: „Wir sind das / ein Volk!“ Das kindliche Bedürfnis nach Harmonie, nach Volksgemeinschaft, nach EINIGKEIT, ist auch in Deutschland sehr ausgeprägt, wenn z. B. Auseinandersetzungen innerhalb politischer Parteien als STREIT denunziert werden…..
Was sagt uns das – jedenfalls denen, die noch wirklich denken können? Es sagt uns, dass “Partei” – was ja von pars pro toto, Teil des Ganzen kommt – nicht toto, also nicht zum Ganzen werden darf, sähe das doch verdammt nach Totalitarismus aus. Ich bin also strikt gegen Einheitsparteien, aber auch konsequent gegen Parteieinheit, sprich: einen Fraktionszwang, der mit der Androhung von Mandatsverlust durchgesetzt wird, wie es seinesgleichen zuletzt der Basta-Schröder vorexerziert hat…!
Da mir auch niemand auf der Welt sagen kann, was “das Volk” ist, sollten wir uns bei dieser Metapher immer die empirische Bevölkerung eines Landstrichs vorstellen – und diese “politisch zu bilden und zu erziehen”, das nun ist der verdammte AUFTRAG des Grundgesetzes, dem sehr wohl CDU, FDP, Grüne und DL nachkommen, nicht aber die ideologisch verkommene SPD.
Wenn aber sich dies nicht ändert, dann wird die SPD vom Bildschirm verschwinden, logischer Weise, hat doch die CDU inzwischen das Politikverständnis der SPD-Führungskräfte rückstandslos inkoporiert, was ja – dank des Netzwerker und Seeheimer Verständnisse von „Reform“- letztlich selbst für den „Wirtschaftsrat“ der „Union“ kein Problem mehr gewesen sein dürfte. Doch während CDU und FDP im Verbund mit den ihnen zugeschalteten “systemischen” Massenmedien ihren Auftrag – Umfunktionierung von Art. 14, Art. 15, Art. 26 und Art. 82 GG, ihre verdammte MISSION also – professionell wahrnehmen und die bestehenden politisch-ökonomischen Herrschaftsverhältnisse – und hier insbesondere die Vorherrschaft des raffenden Kapitals („Globalisierung“) – eindrucksvoll absichern, so vernachlässigt die SPD-Führung auch jetzt noch den ihr vom Verfassungsgeber 1949 vorgegebenen Partei-Auftrag jener Verwirklichung bzw. Sicherung des Gehalts der genannten Grundgesetz-Artikel:
- Sicherung des Sozialstaats
- gerechte Umverteilung von Eigentum und Mehrwert
- keine Beteiligung an Angriffskriegen, Austritt aus einer imperialistischen Nato
- keine Bundeswehreinsätze out of area
- Fortsetzung und Ausbau der Entspannung, vor allem in Europa incl. Russland
Versteht man – wie ich – die SPD nicht als das, als was sie heute von ihren Funktionären und sehr vielen Wählern gesehen wird – nämlich als Durchlauferhitzer für private Geschäftsinteressen – sondern als “öffentliches Gut” (Art. 21) – also als eine Institution mit einer historischen MISSION zum CHANGE im Sinne der genannten Grundgesetz-Artikel, dann ist es – bei weiterhin ausbleibendem Politikwechsel – gesetzmäßig, dass diese „Partei“ aufgekauft und stillgelegt werden wird, denn Leute wie die jetzigen Betreiber dieses Unternehmens – die Netzwerker aus Seeheim a. d. Plapper beispielsweisen – von denen haben die genannten, um lukrative Stellen konkurrierenden Karrieristenvereine schon mehr als genug!
FAZIT: Die SPD hat mit den genannten Grundgesetz-Artikeln vom Verfassungsgeber einen politisch-ökonomischen KAMPF-AUFTRAG bekommen, den nur eine sozialistische Partei erfüllen kann – und den soll sie nun, nach 60 vergeigten Jahren, endlich auch einlösen!
NACHTRAG 1:
Dazu hätte sie in Thüringen durch eine Koalition mit der DL prinzipiell die Möglichkeit gehabt. Da aber ihr „Spitzenkandidat“ Matschie vor allem seine persönliche Berufsperspektive zur Linie der Parteipolitik erkoren hat – die SPD hätte ja mit dem SPD-Oberbürgermeister von Erfurt den Ministerpräsidenten in Thüringen stellen können, doch der heißt nicht Matschie! – und da er unter den Funktionären gut „vernetzt“ ist, kam es am 25. 10. anders. Die Koalition zwischen CDU und SPD wurde von ihm u. a. mit dieser Aussage gerechtfertigt: „ich hätte es nicht für möglich gehalten, wie sehr die CDU uns entgegengekommen ist“. Was Matschie darüber hinaus ebenfalls nicht begriffen hat, das ist die Tatsache, dass es zwischen CDU und dieser SPD keine substantiellen Unterschiede mehr gibt, hat doch – q.e.d. – die CDU auch das privatistische „Politikverständnis der SPD-Führungskräfte rückstandslos inkoporiert“ – und so die SPD aufgekauft.
Klar ist: wenn die Instrumentalisierung dieser Partei für die private Geschäftsinteressen einiger Karrieristen so weiter geht, dann wird auch die Thüringer SPD in vier Jahren da angekommen sein, wo die SPD – und das muss man sich mal bewusst machen! – in ihrem „Stammland“ Sachsen bereits heute schon steht: bei 10 + X% der (abgegebenen) Wählerstimmen!
t.h.wolff schrieb am 19. August 2010 at 10:25 – Permalink Antworten
Und hier noch Wilfried Schmickler in einem Video zum Thema Privatisierung der Parteien: http://www.wdr.de/tv/mitternachtsspitzen/videos/flashplayer.jsp?mid=95964