„Unser Krieg“
Unter dieser Überschrift referieren und kommentieren Daniel Brössler und Stefan Kornelius in der SZ vom 26. 1. die Debatte, die Bischöfin Käßmann durch ihre Neujahrspredigt mit der Behauptung „Nichts ist gut in Afghanistan“ ausgelöst hat.
Mich interessiert bei der Kritik dieses Beitrages im folgenden insbesondere die Beantwortung der Fragen: handelt es sich bei dem, was da in Afghanistan „ist“, wirklich um „Krieg“? Und wenn ja: wer ist „unser/wir“, WER also ist elementar an seiner Fortführung interessiert? Cui bono?! WOZU das Ganze?
Um diese Frage wirklich beantworten zu können, ist es angezeigt, sich auf die Verursacher dieses „Krieges“zu besinnen, auf die US-Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush, die nach dem Verlust des braven Feindbilds Sowjetunion sich in die Zwangslage versetzt sahen, eine neue Bedrohung zu erfinden, um auch in Zukunft von den Steuerzahlern und Spekulanten die horrenden Beträge für die staatliche Subventionierung der us-amerikanischen Rüstungswirtschaft eintreiben zu können. Sie nannten diese Schimäre von Bedrohung „Terrorismus“ und sorgten dafür, dass sich ihr Pflänzlein im Lauf der Jahrzehnte entwickelte, damit sie – schon vor 9/11, aber mit Wucht danach! – mit der Parole vom „Krieg gegen den Terror“ einen profitträchtigen Popanz für den abhanden gekommenen „Kalten Krieg“ aufbauen konnten.
Ich brauche hier nicht zu begründen, dass sich die US-Administration die „Terroristen“, die sie benötigt, stets selbst produziert hat, gleich, ob es sich um die lateinamerikanischen (Para)Militärs, um die militanten Palästinenser der Fatah und später – nachdem die Fatah zur Mafia verkümmert war – die Militanten der Hamas gehandelt hat, oder um die vom CIA angeheuerten und munitionierten Taliban, um die Dschihadisten der Al Quaida und all die geltungssüchtigen Koffer-, Unterhosen- und Weihnachtsbomber, die man – wie einst die Nazis [1] den Marinus van der Lubbe – als nützliche Idioten am Wegesrand aufgelesen und instrumentalisiert hat.[2]. Diese Tatsachen sind „eigentlich“ Allgemeingut, werden „nur“ nicht beachtet.
Wenn es ihren Interessen dienlich war, dann hat die us-amerikanische Administration – unter deren Augen noch jeder „demokratisch“ gewählte Präsident / Justizminister zur Knetmasse geworden oder aber eliminiert worden ist – vor keiner Lüge zurückgeschreckt, um sowohl der eigenen Nation, als auch der bekriegten Nation und – bei Bedarf – auch dem „Bündnis“ ihren Willen aufzuzwingen: Korea, Vietnam, Laos, Kambodsch, Chile, Kuba, mehrmals Haiti, Grenada, Nicaragua – Dulles, Brzezinski und Kissinger könnten diese Liste von Counter Strikes / Rollbacks noch um viele verdeckte Aktionen verlängern, wie z. B. um den Coup der von der Administration initiierten UN-Resolution 1373, die der militärischen Intervention Afghanistans die Absolution erteilte sowie – in jedem Falle vertragswidrig [3] -, die Nato instrumentalisierte
Dass die beiden Karrieristen, der Schröder Atze und der Wie-heeßt-er-noch-gleich – richtig: Heesters Joschi – das Afghanistan-Abenteuer mitgemacht haben, das ist zum einen ihrer OPFERMENTALITÄT, insbesondere aber ihrer unzureichenden Kampfkompetenz geschuldet. Dass nun aber der „eigentlich“ weitsichtige Helmut Schmidt (und das auch noch im Beisein des von mir geachteten Egon Bahr!) den im hier kritisierten Beitrag zitierten Satz geäußert haben soll, das zeigt, wie feige die „politische Elite“ in diesem unserem Lande inzwischen geworden und geblieben ist:
„Helmut Schmidt wird eine Weisheit zugebilligt, die ihn in seiner Partei zu einer Mischung aus Dalai Lama und Henry Kissinger macht. Unantastbar.
Der Mann kommt also herein, das Publikum erstarrt in Ehrfurcht, und es folgen anderthalb Stunden außenpolitisches Privatissimum, das sich folgendermaßen verallgemeinern lässt: Helmut Schmidt lässt seine Partei nicht aus der Pflicht, die sie nun mal übernommen hat mit der Entsendung von Soldaten nach Afghanistan. Er lässt sie vor allem nicht aus der Bündnispflicht, denn „für mich rangiert das Interesse Deutschlands eindeutig höher als jedwedes taktische Interesse der sozialdemokratischen Opposition“, das sich zum Beispiel in einem „alleinigen oder zeitlich früheren Ausscheiden aus der gemeinsamen Intervention‘ zeigen könnte.“ (SZ 26. 1. 2010, alle Hervhbg. – GW))
„Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“, nallte schon der unantastbare Wilhelm zwo (2) herum, und „Intervention„, „Bündnispflicht“, „ nun mal übernommen“ : da knicken sie denn reihenweise ein, „unsere“ Latte-Macchiato schlürfenden „Repräsentanten“ und -onkelz im Willy-Brandt-Altersheim, die als seine „Ur-Enkel“ inzwischen den SPD-Bundesvorstand vollständig usurpiert haben! Genau: ich spreche von den Waschmittelwerbungs-„Kreativen“, jenen vor Denkerschöpfung atemlosen Erfindern der „atmenden Partei“ SPD, die sich im „Borchardt“ alter Sekundärtugenden erinnern, wenn sie ganz fix an ihre Karriere „denken“- und denen applaudieren, die in den 60ern wenigstens noch halbwegs „politisch“ denken und kämpfen konnten. „Unantastbar“ röcheln die Berichterstatter [4], ohne dem Bahr wenigstens die Kernfrage zu stellen, worin es denn bestehen solle: dieses „Interesse Deutschlands“?! Etwa in dem, was unser Möcht-so-gern-bewundert-werden Wellerwelle dahernallt, der sich in der BILD vom vergangenen Sonntag erlaubt hat, die redliche Käßmann mit der „Begründung“ abkanzeln zu können:
„wenn jemand sagt, nichts ist gut in Afghanistan, dann vergisst er, dass es heute jedenfalls viel besser ist als zur Zeit der Taliban-Herrschaft“. Denn – so seine Begründung – er könne es nicht verantworten, „dass in Afghanistan wieder Jugendliche gehängt und Frauen gesteinigt werden“. (ebenda)
Da ist sie wieder, die faustdicke Lüge, mit der schon der Fischer Joschka den Grünen den Schneid und die politische Existenzgrundlage abgekauft hatte: diese „Umfunktionalisierung“ von „Antifaschismus“ – „im Kosovo kein zweites Auschwitz“ – und von „Feminismus“ zwecks propagandistischer Eskamotierung des pazifistischen Erbes der sozialistischen Arbeiter- wie der bürgerlichen Frauen- und Jugendbewegung.
Mitleid mit Frauen und Kindern als „Rechtfertigung“ für „unseren Krieg“ am Hindukusch?! Was beispielsweise in Darfur Tag für Tag passiert, wie´s in allen zentralafrikanischen Staaten täglich „rundgeht“ – das interessiert die Bundesregierung nicht!
Alles Lüge, Plappernde Kaste! Es sind – wie´s der Alte kurz und bündig festgestellt hat – einzig die von den deutschen Flitschpiepen-Politikern als solche definierten „Bündnispflichten“, mit denen die gesellschaftlichen Aufsteiger Müntefering, Fischer, Schröder, Merkel und Co. von den wirklich Herrschenden als die nützlichen Idioten instrumentalisiert werden konnten und können, die sie – nur nebenbei erwähnt – nicht nur in dieser Beziehung, sondern auch in Punkto Hartz IV, Erhöhung der Mehrwertsteuer, Verscherbelung des Volksvermögens, Vergesellschaftung der Spielschulden des raffenden Kapitals, Rente mit 67 etc. pp. (gewesen) sind.
WER „in Deutschland“ ist an diesem „Krieg“ im Fernen Osten wirklich „interessiert“? Die Frage lässt sich doch ganz einfach beantworten: alle (potentiellen) Profiteure, kultürlich!
In Afghanistan sieht´s Scheiße aus, auch wenn die meisten mit diesem „Krieg“ befassten Bundeswehrangehörigen „denken“ dürften, dass sich der Einsatz für siepersönlich „irgendwie auszahlen“ würde. Und wie siehts an der Heimatfront aus? Brössler / Kornelius gestatten uns dankenswerter Weise einen Blick hinter die Kulissen des Verteidigungsministeriums, wenn sie reportieren:
„Nur wenige Getreue hat Karl-Theodor zu Guttenberg um sich gesammelt, der Apparat ist erst mal auf Distanz gegangen. Das ist keine ungewöhnliche Reaktion, weil Karrieren, Pläne, politische Linien plötzlich in Frage stehen, und jeder Behördenapparat, vor allem ein militärisch durchwirkter, auf die Regungen der obersten Ebene schielt. Es heißt nun, der Minister würde überschüttet mit Vorlagen und Papieren, weil sich niemand mehr in Gefahr begeben möchte, zu wenig Informationen nach oben weitergegeben zu haben.
So ist es nicht verwunderlich, dass die unterschiedlichsten Planer zu den unterschiedlichsten Ergebnissen kommen.“
Nein: nichts ist unmöglich, nichts verwundert hier mehr irgend jemanden, ist es doch nach Auffassung der Plappernden Kaste „keine ungewöhnliche Reaktion“, wenn verbeamtete Tintenpisser, also die mit Recht so genannten Schreibtischtäter, sich nicht „in Gefahr begeben“, genauer gesagt: ihre ganz kleine private, persönliche Karriere gefährden möchten: wer möchte das?! Du etwa?! Na siehste: „wie der Herr, so´s Gescherr“ (Volksweisheit)
Da wird „unser Krieg“ zum Sandkastenspiel von Karrieristen des politisch-administrativen Komplexes, deren Hauptsorge darin besteht, ihre „Bündnispflichten“ gegenüber ihren Netzwerken, Seilschaften und Lobbyisten einzuhalten, will doch keiner dieser Etappenhengste gerne am Schreibtisch abgesägt / abgeschossen werden. Geschweige denn auf dem „Friedhof der Supermächte“ landen.
Waidmannsheil und Glück auf, ihr Profiteure des „Krieges“ am Hindukusch, ihr Krisengewinnler der Plappernden Kaste:
Mein Zorn sei mit euch!
[1] Alarmisten: auch diesen punktuellen Vergleich gilt es auszuhalten…!
[2] Zum Thema „Verschwörungstheoretiker“ habe ich alles denk- und merkwürdige bereits dargelegt. Nur ein Beispiel aus der SZ vom 28. 1. 2010 (die Rede ist hier vom „Unterhosenbomber„):
„US-Militär half Jemens Armee bei der Jagd auf al-Qaida. Von Christiane Schlötzer
(…) Dazwischen liegt ein anderer, allerdings vereitelter Anschlag: Der Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab hatte versucht, am ersten Weihnachtsfeiertag über Detroit ein Flugzeug zu sprengen. (…) Für Washington ist der 38-Jährige ein alter Bekannter. Er tauchte schon im offiziellen Untersuchungsbericht zu den Attentaten vom 11. September 2001 auf.“
[3] Belege: d
1. die Ausgabe 04/2010 des SPIEGEL mit dem Titel Friedhof der Supermächte Afghanistan – der 200-jährige Krieg
2. Die Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) schreibt zu Bidens Besuch in Israel:
„Selten brüskierte Israel seinen Großsponsor USA dermaßen wie bei dem Besuch von Vizepräsident Joe Biden. Dennoch zeichnet sich kein tiefgehendes Zerwürfnis ab. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass Israel in den Iran-Planungen der USA eine zentrale Rolle spielt. Wenn es zu keiner Einigung mit Teheran kommt, wird Israel zuschlagen. Nicht umsonst heißt es in Washington, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen würden. Folgerichtig kann Netanjahu machen, was er will.“ (Zitiert nach SZ vom 12. 3. 2010)
[4] „Und wer alt war, galt als weise, und wer dick war, galt als stark. Und den fetten Greisen glaubte man aufs Wort und ohne Arg.“ Franz Josef Degenhardt: In den guten alten Zeiten (1966)
Zum Thema politische Unfähigkeit der politischen Parteien in Deutschland:
Was den deutschen Politikern fehlt, das ist die professionelle Führungs- und Kampfkompetenz.